Nach der Mahonie im Frühling will ich mich nun der Heilpflanze Kleines Immergrün widmen.
Das Kleine Immergrün, so unscheinbar, ein bisschen spiessig mit seinen akkurat angeordneten lila Blütenblättern… Aber giftig! Beliebt ist das Immergrün als unkomplizierte Grabpflanze, in Böschungen und Vorgärten als Bodenbedecker – und als Heilpflanze ist es auch nicht ohne.
Was ist das für eine Pflanze?
Auf lateinisch heisst das Kleine Immergrün Vinca minor, pervincire heisst umwinden, minor heisst klein (und nicht Schoggi). Die Immergrüne gehören zur den Hundsgiftgewächsen (Apocynaceae). Es gibt übrigens Immergrün-Arten, die nicht einmal immer grün sind!
In Mitteleuropa gibt es das Immergrün nachgewiesenermassen seit spätestens 1526. Die Ausbreitung erfolgt primär über den Menschen, so zeigen Kleine Immergrün-Pflanzen im Wald oft ehemalige Standorte von Burgen und Siedlungen an. Das Kleine Immergrün mag nährstoffreichen Boden und eine milde, feuchte Klimalage, es wächst gerne in Eichen-Hainbuchen-Wäldern und generell in Laub- und Buchenmischwäldern.
Verwendung als Heilpflanze
In der Spagyrik wird Immergrün (dann in einer ungiftigen Zubereitung) eingesetzt bei Schwindel und schwacher Kopfdurchblutung. Spagyrik ist oft die Methode der Wahl, wenn es um giftige Pflanzen geht, da durch die spezielle Herstellungsart die giftigen Stoffe der Pflanzen verloren gehen.
Die Spagyrik ist eine ursprünglich alchemistische Methode zur Zubereitung von Heilpflanzen und anderen heilenden Stoffen (Metalle, Edelsteine). Jede Pflanze und auch alle Organe und Krankheiten sind den Planeten zugeordnet. Giftige und immergrüne Pflanzen sind dem Planeten Saturn zugeordnet. Mehr zur Spagyrik finden Sie demnächst auf meiner Homepage unter Naturheilkunde.
Dioskurides, einer der ganz Grossen der Kräuterheilkunde, führt das Immergrün auch unter dem schönen Namen „Kleines Sinngrün“. Er empfiehlt, die Blätter und Stängel mit Wein zu trinken gegen Durchfall. Oder auch als Zäpfchen gegen Gebärmutterleiden.
Und im grossen illustrierten Kräuterbuch, dem „Müller“ aus dem 19. Jahrhundert, ist das Kleine Immergrün beschrieben als: zusammenziehend, blutreinigend und stärkend bei Durchfällen, Verschleimung und Lungenschwindsucht.
Schulmedizin
Vincamin, ein Alkaloid aus dem Kleinen Immergrün (welches nicht in die spagyrische Tinktur übergeht), wurde bis vor Kurzem noch schulmedizinisch eingesetzt bei Hirndurchblutungsstörungen und bei Demenz. Das entsprechende Präparat scheint aber nicht mehr auf dem Markt zu sein.
Ergänzung 15. Mai 2018
Und was lief mir am Samstag, 12. Mai, im Stadt-Gartencenter Hauenstein in Zürich – wo es übrigens mittlerweile auch Biopflanzen gibt, wie ich erfreut festellte – über den Weg, als wir für den Balkon Kräuter, Gemüse und Blumen einkauften? Genau, verschiedene Zuchtformen von Vinca minor!
Quellen
- Conwitha Lapke, Dozentin für Spagyrik
- „Das grosse illustrierte Kräuter-Buch“ von Dr. Ferdinand Müller, 1860, Ulm
- Henriettes Herbal